Depression und Botulinum

Der Einsatz von Botulinum ist ein neuer Ansatz in der Behandlung der Depression mit einer physiologisch erklärbaren Wirkungsweise und einem wiederholbaren Effekt: „Eine Reihe von Studien kommt zu dem Ergebnis, dass eine einmalige Behandlung bei Patienten mit einer Depression innerhalb von kurzer Zeit zu einer deutlichen und anhaltenden Verbesserung der Symptome führt.“ so berichten Marc Axel Wollmer, Chefarzt der Hamburger Asklepios-Klinik für Gerontopsychiatrie, und seine Kollegen Stefanie Jung und Tillmann Krüger vom Zentrum für seelische Gesundheit der Medizinischen Hochschule Hannover in der neurologischen Fachzeitschrift „NeuroTransmitter“.

Dass die Signale, die in der Muskulatur und Haut des Gesichts bei emotionalen Gesichtsausdrücken entstehen, die subjektive Empfindung von Gefühlen verstärken können, ist bereits seit Längerem bekannt. Der Mechanismus wird als „sensorisches Feedback“ bezeichnet und geht auf die „Facial-Feedback-Theorie“ von William James und Charles Darwin im 19. Jahrhundert zurück.

Angeregt durch diese Erfahrungen haben Forscher der Universität Basel und der Universität Hannover 2012 zum ersten Mal in einer randomisierten kontrollierten Studie untersucht, ob eine einmalige Injektion des Botulinums in die sogenannte Glabella-Region (=Zornesfalte) das Krankheitsbild der Depression beeinflussen kann. Es handelte sich dabei um Menschen, die wegen ihren länger bestehenden Depressionen bereits behandelt wurden oder auf die vorherigen Behandlungsversuche mit den gängigen Methoden nicht angesprochen hatten.

Der Hälfte der Patienten wurde Botulinum A an fünf Stellen der Glabella-Region gespritzt, die anderen erhielten an gleicher Stelle Placebo-Injektionen. Die Wirkung der Behandlung auf die Symptome der Depression wie gedrückte Stimmung, verminderter Antrieb und Freudlosigkeit wurde mit drei gängigen psychiatrischen Testmethoden beurteilt. Bereits nach zwei Wochen zeigten sich Patienten der Botox-Gruppe weniger depressiv. Sechs Wochen nach der einmaligen Behandlung hatte sich bei 60 Prozent von ihnen die Schwere der Depressions-Symptome halbiert. Dieser Effekt verstärkte sich weiter bis zum Ende der Studie nach 16 Wochen. Bei den Patienten der Placebo-Gruppe dagegen besserten sich die Symptome nur geringfügig. Schätzungen zufolge leiden rund vier Millionen Menschen in Deutschland an der Krankheit.

Die Sicherheit und Verträglichkeit der Botulinum-Behandlung exzellent. Das hat sich bei millionenfachen Anwendungen in unterschiedlichen Bereichen der Medizin gezeigt. Der Effekt einer einzigen Behandlung hält etwa drei bis sechs Monate an.